Baumarkt-Kunden

Der Rentner
Typ: Anfang/Mitte 70, Brille, klein und etwas rundlich
Kleidung: Beige Hose, Karo-Hemd, Schiebermütze
Auto: Opel Kadett mit Wackeldackel und umhäkelter Klorolle auf der Hutablage
Nimmt mit in den Markt: Eine uralte, mehrpolige Wandsteckdose
Anlass des Besuches: Opa fährt gerne mit einem Muster-Artikel in den Baumarkt. Dieses ist im Idealfall ein etwa 50-60 Jahre altes, verrostetes Teil, das höchstwahrscheinlich nicht mehr hergestellt wird. Beispiele sind eine vierpolige Waschmaschinen-Anschlussdose, ein Heizungsschiebehahn in Doppelzoll oder eine Schraube mit Schlitz-Linsenkopf. Er sucht dann in der Abteilung einen Berater, der natürlich völlig anhnungslos ist, aber angesichts des hohen Alters des Musterstücks die Backen aufbläst und verzweifelt den Kopf schüttelt.
Kauft: Fünf Liter Scheibenklar

Der Fatzke
Typ: Mitte 40, groß, schlank
Kleidung: Lackschuhe, Sakko, Rollkragenpullover, Schal von Gucchi
Auto: Porsche Cayenne
Nimmt mit in den Markt: iPad
Anlass des Besuches: Er muss ein Regal anbringen. Einerseits, weil die Frau drängelt, andererseits, um die eigene Männlichkeit unter Beweis zu stellen. Steht verwirrt in der Schraubenabteilung und sucht die passenden Beschläge und Dübel. Habe ich eigentlich eine Bohrmaschine?
Kauft: Bohrmaschine der Hausmarke, 6er Hohlwanddübel, Schloßschrauben M12x180, Set „Kleben statt Bohren“

Die Hausfrau
Typ: Ende 40, blondierte Dauerwelle
Kleidung: Schuhe mit Absatz, Karrottenjeans, Bluse
Auto: Fiat Punto
Nimmt mit in den Markt: alte Glühbirne
Anlass des Besuches: Möchte genau die gleiche Glühbirne (nicht Leuchtmittel, GlühBIRNE) in neu haben und sucht daher einen „Fachberater“. Ja, die können wir bestellen. Dauert 3 Wochen, wenn wir’s nicht vergessen.
Kauft: Zwei Orchideen, ein Wandtattoo, neue Vorhänge, ein Bastelbuch, Holzperlen

Das Gelegenheits-Handwerker-Duo
Typ: Zwei Herren um die 40, klein, dick, quirlig
Kleidung 1: blauer Wollpullover, pottendreckige Latzhose, Sandalen
Kleidung 2: grauer Wollpullover, Cordhose mit Maurerdekolleté, Clogs
Auto: Kastenwagen
Nehmen mit in den Markt: Zettel, Zollstock, Prospekt, Platten-Einkaufswagen
Anlass des Besuches: Der Erweb sämtlicher Baumaterialien, deren Zusammenstellung spätestens auf den zweiten Blick höchst zweifelhaft erscheint. Dabei gestikulieren Sie und unterhalten sich lautstark, gerne mit italienischem Akzent. Sind grundsätzlich auf der Suche nach billigster Paneele oder einfachstem Kack Klick-Laminat
Kaufen: Dachlatten, Pressspan-Paneele, Rigips, Glaswolle, Silikon, Abflussrohr-Adapterstücke, Bauschaum

Das Pärchen
Typ: Er und Sie, um die 20, erste gemeinsame Wohnung
Kleidung Er: Nickelbrille, grauer Mantel, Jeans, braune Halbschuhe
Kleidung Sie: Daunenjacke
Auto: von Papa
Nehmen mit in den Markt: ganz viel Liebe
Anlass des Besuches: Das Pärchen geht händchenhaltend von Abteilung zu Abteilung, kichert, schäkert und küsst sich immer wieder. Allerdings kommen irgendwann die ersten Diskussionen. So will er eine Spannungsüberwachungssteckdosenleiste für den PC, sie den rosa Badteppich. Sie ist zickig, er bemüht verständnisvoll und dackelt hinterher.
Kaufen: Farbe und den falschen Pinsel, keine Steckdosenleiste und keinen Badteppich.

Der Heimwerkerblogger
Typ: Mitte 30, gefühlt Mitte 40, Ausdruck der Verzweiflung im Gesicht
Kleidung: Dreckig
Auto: Hänger
Nimmt mit in den Markt: Qualitätszweifel
Anlass des Besuches: Wenn nicht Schreibinspiration, dann der Erwerb von etwas, was es wirklich nur im Baumarkt gibt. Die Betrachtung der anderen, oben klassifzierten Besucher, treiben ihm die Tränen in die Augen, ähnlich wie gewisse Angebote, die ihm förmlich entgegenschreien: „Kauf mich! Ich bin zum Pfuschen da! Schmier mich in die Ritze! Verkleide mit mir die doofe Stelle! Es wird schon die nächsten Jahre halten! Das sieht doch nachher keiner mehr! In ein paar Wochen hat sich das weggeguckt! Guckt doch keiner hinter! Und wenn erstmal Farbe drauf ist!“
Kauft: Einen Nervenzusammenbruch, zwei Schreianfälle, Stoff für vier bis fünf neue Artikel, eine Bratwurst beim Imbisswagen auf dem Parkplatz.

Mahlzeit.

Neulich im Baumarkt

Auch wenn ich Baumärkte mittlerweile eher vermeide – manchmal bleibt keine Wahl, und in diesem Fall wollte ich gemischte Farbe für meine Holzbalken, da hat der Baumarkt T. dann doch die größte Auswahl und so bin ich eben hingefahren.

Bereits im Eingangsbereich fiel mir ein Verkäufer auf, der mich schon vor ziemlich genau 17 Jahrem falsch beraten hat. Sah auch immer noch nicht schlauer aus, na herzlichen Glückwunsch. Aber wer will schon alte Kamellen aufwärmen. In der Farbenabteilung fand ich dann nach lediglich zwei bis drei Stunden einen nicht zuständigen Mitarbeiter, der aber eine zuständige Mitarbeiterin herbeigeholt hat, mit der sich folgender Dialog entsponn:

Ich: „Hallo, können Sie Farbe mischen?“
BM: „Aber natürlich!“
Ich: „Hier ist die Farbkarte. Ich brauche einen matten Lack für Holzbalken.“
BM: „Wenn Sie Holz streichen wollen, brauchen Sie eine Lasur!“
Ich: „Nein, ich möchte was deckendes, keine Lasur, sondern einen Lack!“
BM: „Nein, Nein, für Holz brauchen Sie eine Lasur“ (greift nach einem Eimer)
Ich: „Ich möchte wirklich sehr gerne einen Lack. Wenn es keine Umstände macht!“
BM: (pikiert) „Wie Sie meinen.“ (Greift einen anderen Eimer und macht sich an der Mischmaschine zu schaffen. Währenddessen kommt ein anderer Mitarbeiter und blafft sie an.)
Anderer Baumarktmitarbeiter: „Ist dat noch nich weggeräumt hier?“
BM: „Nein, mache ich sofort! Ich mache gerade für diesen Kunden die Farbe!“
Anderer Baumarktmitarbeiter: „Is ja noch nix ausgezeichnet nix!“
BM: „Mach ich gleich!“ (Der andere Mitarbeiter geht grummelnd und schimpfend davon. Sie dann wieder zu mir:)
BM: „So, die Farbe mischt gerade. Dann käme noch die Grundierung dazu. Wenn sie streichen wollen, müssen sie das vorher grundieren. Sonst hält das nicht, auch wenn man schleift oder so. Also die gibt es in weiß oder grau. Ist ja eigentlich egal, aber ich fände weiß eigentlich besser.“
Ich: „Aber steht da nicht 2-in-1-Lack? Grundierung schon mit drin?“
Sie schaut verdattert erst mich, dann den Eimer an und grübelt.

An dieser Stelle beobachten wir folgendes Baumarkt-Mitarbeiter-Phänomen: Wenn sie der Ahnungslosigkeit überführt sind, geben sie das nicht zu, sonder denken sich Geschichten aus.

BM: „Ja und nein!“
Ich: „Ja und Nein?“
BM: „Ja, da ist ne Grundierung mit drin. Aber das ist so wenig, dass es nur reicht, um eine vorhandene Grundierung aufzufrischen.“
Jetzt gucke ICH verdattert.
Ich: „Äääh, ja, bestimmt. Ich nehme erstmal nur den Lack, danke.“

Ich erhalte den Lack, bezahle und fahre nach Hause. Dort bemerke ich, dass auf dem Eimer „GLÄNZEND“ steht. Ich hatte doch matt gesagt! Während ich überlege, wer überhaupt glänzenden Lack braucht, rufe ich im Baumarkt an.

Dame von der Info: „Baumarkt T., Guten Tach?“
Ich: „Hallo, ich habe eben Farbe mischen lassen und wollte matten Lack. Auf dem Eimer steht glänzend. Ist der Lack jetzt wohl falsch oder nur der Eimer?“
Dame von der Info: „Das weiß ich doch nicht.“
Ich: „Achso.“
Dame von der Info: „Wer hat das denn gemacht? Wie sah die aus?“
Ich: „Nicht so besonders…“
Ich werde weiterverbunden.

BM: „Hallo?“
Ich: „Hallo, ich habe eben Farbe…“
BM: „Einen Moment, ich habe grad noch Kundschaft! Bleiben Sie bitte dran!“

Ich höre das Kundengespräch mit, habe ja keine andere Wahl.

BM:“Also, hier das gelbe haben wir noch, oder dieses mit den Erdtönen.“
Omi: „Das gelbe ist eigentlich ganz schön. Aber ob das reicht…“
BM: „Das weiß ich nicht.“
Omi: „Das ist so groß, so mal so, ob das wohl reicht…“
BM: „Naja das müsste aber reichen“
Omi: „Und haben sie auch Geschenkband dafür?“
BM: „Nee das haben wir nicht“
Omi: „Ahja.“

BM: „Hallo sind sie noch dran?“
Ich: „Sie haben mir eben Farbe gemischt, aber auf dem Eimer steht glänzend. Ich wollte matt!“
BM: „Wollten sie nicht glänzend?“
Ich: „Nein, matt. Hatte ich aber gesagt:“
BM: „Oh, dann habe ich sie falsch verstanden. Ich dachte sie wollten glänzend. Tut mir leid, dann müssen wir das umtauschen.“

Ich fahre also nochmal hin, 20 Minuten ein Weg, habe ja sonst nichts zu tun. Sehe die Mitarbeiterin und gehe zielstrebig auf sie zu.

BM:“Hallo, ahja, die Farbe, ich mache sie nochmal in matt. Waren sie erst an der Info?“
Ich: „Nein, ich bin direkt hierher. Die an der Info hätte wahrscheinlich gesagt, gemischte Farbe ist vom Umtausch ausgeschlossen.“
BM: „Das kann sein. Der Preis ist derselbe, aber die EAN. Es sind andere Artikel. Dann stimmt meine Artikelgruppe nicht. Wegen der EAN. Also der Bestand passt ja dann nicht mehr. Ist derselbe Preis, aber dann passt das ja nicht mehr mit der Nummer. Ich gehe mal grad hin, während es mischt, und hole einen “ – irgendein-kryptisches-Wort.

Sie kommt mit Zettelage wieder und ich fülle ein gefühlt 8seitiges Formular mit Name, Anschrift, Blutgruppe und Schuhgröße aus.

BM:“So, die Farbe ist fertig. Gucken wir doch einmal rein!“

Der Pott sieht genau so aus wie der andere, nur diesmal steht „matt“ drauf. Die Themen Lasur und Grundierung traut sie sich übrigens nicht, erneut anzusprechen.

An der Kasse wird der alte Bon mit dem Formular B3 gegengerechnet, um den Unterschiedsbetrag von 0 Cent zu erfassen. Die Kassenkraft ist überfordert, eine Info-Dame kommt zur Hilfe. Der Rückstau an meiner Kasse erreicht bereits das Werkzeugregal. Ich bekomme Schweißausbrüche.

Am Ausgang treffe ich wieder den langjährigen, verdienten Spezialmitarbeiter. Ich wünsche einen schönen abend und trete mit mattem Lack, aber ohne Lasur und Grundierung und mit einer Erfahrung reicher die Heimreise an.