Ja, aber Holla die Waldfee, Baby! Da hab ich Teufelskerl doch in netto zwei Tagen quasi die ganze Spachtelei geschafft. Der Reibeputz ist bestellt und kommt Anfang nächster Woche (Körnung 1,5! Die muss bestellt werden. 2mm war mir – zumindest von diesem Hersteller – zu grob) und bis dahin will ich dann auch geschliffen und grundiert haben.
Doch eins nach dem anderen. Ich dachte mir, ich zeige heute mal ein bisschen was übers Spachteln. Es wird oft unterschätzt („Spachteln brauchen Sie nicht mehr! Das hat unser Omma schon gemacht!“), dabei ist das Spachteln doch die Königsdisziplin des Trockenbaus und hier trennt sich klar die Spreu vom Weizen, wie der Volksmund so schön sagt. Der gemeine Trockenbauer/Gipser/Maler ist sehr stolz auf sich, wenn er es kann, aber in seinem Urteil auch sehr vernichtend, wenn es jemand nicht kann oder falsche Aussagen darüber trifft (gut, das könnte mir hier auch passieren. Aber dem drohenden Shitstorm stelle ich mich hier ja jede Woche).
Tatsächlich aber ist das Internet voll von Humbug und schrägen Tipps, was das Spachteln angeht. Dabei ist es mit etwas Übung gar nicht sooo schwer und wenn man es richtig macht, kann es sogar Spaß machen 🙂
Werkzeug: Traufel, „Fassaden“spachtel, Gipserkelle
Es geht los mit dem richtigen Werkzeug. Der Sinn des Spachtelns im Trockenbaubereich ist ja größtenweils, Spalten zu füllen. Diese Spalten sind beispielsweise zwischen zwei Platten. Wählt man also ein breites Werkzeug, das seitlich auf den Platten aufliegt, also diese als Führungsschiene benutzt, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Spalt in Plattenstärke mit dem Gips gefüllt wird:
Spachtel wird über die Platten, quer zur Fuge gezogen
Viele Leute, die dann frustriert sind, versuchen das Spachteln mit einem zu schmalen Werkzeug und schmieren mit diesen kleinen Haushaltsspachteln-mit-Holzgriff irgendwo Mumpe hin. Das wird selten schön werden und deshalb brauchen wir entweder eine Traufel (links im ersten Bild – auch Glättkelle genannt) oder einen breiten Spachtel (Fassadenspachtel/Breitspachtel/Flächenrakel). Welches Werkzeug man benutzt, ist Geschmackssache. Ich liebe meinen Fassadenspachtel (damit kann man auch gut Rauhfaser reißen, nur mal so am Rande!) und bin damit geschickter und wendiger als mit der Traufel. Andere schwören eher auf die Traufel – jedem das seine.
Die Spachtelmasse wird mit der Gipserkelle (rechts im ersten Bild) auf das Spachtelwerkzeug gestrichen. Außerdem ist eine solche kleine Kelle auch praktisch für Ecken oder andere Spezialaufgaben.
Was man sich noch an Werkzeug gönnen sollte ist ein kleiner Rührer für die Bohrmaschine/Akkuschrauber (oder auch ein komplettes Rührgerät, wer mag), denn damit bekommt man die Mischung schön klumpenfrei hin. Und damit geht’s auch schon los: Die Mischung.
Man nehme: einen sauberen(!) Eimer. Das ganze Zeug muss wirklich sauber sein. Auch wenn es nervt, immer wieder sauber machen, abkratzen, auswaschen…jedes Bröckchen in der fertigen Mischung wird an der Wand zum Ärgernis. Dort hinein: zuerst das Wasser. Dann: das Spachtelmassen-Pulver einstreuen. Nicht irgendwas, sondern das vom GK-Hersteller für das System vorgesehene Zeug (in meinem Fall: Rigips VarioSpachtel, oder so). Mengenmäßig richtet man sich entweder nach den Mischungsangaben auf der Packung, oder streut nach Gefühl ein, so ungefähr bis knapp unter die Wasseroberfläche, vielleicht noch mit nem Inselchen dabei. Dann lässt man das Ganze ein paar Minuten „sumpfen“ und mixt dann ordentlich durch. Ob die Konsistenz gut ist, sieht man am Kellentest: eine Kelle voll nehmen, Kelle umdrehen, wenn’s kleben bleibt, ist super.
Ist die Mischung zu flüssig, gibt’s eine große Sauerei weil ständig was runterplatscht und die Nähte ’schrumpfen‘ auch stärker, und wenn’s zu fest ist, gibt es Klümpchen und damit Grate (also kleine Furchen) in der gespachtelten Fläche.
Man sollte auch nicht zu mutig sein und sich nen ganzen Sack anmischen, denn vermutlich schafft man gar nicht so viel weg und ruckzuck, fängt die Mischung an zu trocknen. Man hat ungefähr 40 Minuten Zeit, aber dann wird die Mischung innerhalb von Sekundenbruchteilen (gefühlt) unschön. Ich schaffe beispielsweise immer einen halben Sack (2,5 kg+Wasser) in der Zeit.
Nun wird aber gespachtelt! Mit der Kelle Spachtelmasse auf die Traufel/Breitspachtel tun und den Spalt erstmal längs zur Fuge üppig ausfüllen, dann quer zur Fuge abziehen. Je nach Neigung des Spachtels wird das abziehen schärfer oder eben nicht. Wenn scharf gespachtelt wird (steiler Winkel des Werkzeugs zur Oberfläche) bleibt wenig Spachtelmasse auf den Platten und die Fuge ist idealerweise auf der gleichen Höhe wie die Platten gefüllt. Das gibt dann später keine Hügel und Huppel.
Oben sieht man die Quittung, wenn das Gefäß/Werkzeug nicht richtig sauber war oder man aus anderen Gründen irgendeinen Fremdkörper mitschlört: kleine Furchen in der Fläche. Meist sind sie wieder weg, wenn man nochmal drübergeht, aber wenn sie hartnäckig sind, sollte man mal nach der Ursache schauen.
Hier sieht man ein typisches Bild, das entsteht, wenn die Spachtelmasse die 40 Minuten erreicht hat: sie wird trocken und es bilden sich Klümpchen. Es gibt dann kein sauberes Bild mehr und wenn man dann tatsächlich noch 20 Gramm über hat und sich damit quält, sollte man sie beherzt entsorgen und neu mischen.
Schlimmer als Grate finde ich übrigens Hügel und Berge. Eine kleine Furche/Kratzer kann man im zweiten Durchgang gut wieder füllen, eine Erhöhung, zum Beispiel durch zu viel Spachtel (nicht scharf genug gespachtelt, Unebenheiten etc.) kann man nur mühevoll wegschleifen und sie bleibt auch unter der dicksten Tapete noch sichtbar.
Was immer wieder passieren kann: die Schrauben sind nicht tief genug drin. Trotz Magnetbit mit Tiefenanschlag gibt es schonmal hier und da ein Köpfchen das neugierig ist und an dem der Spachtel hängenbleibt. Auch diese Köpfe wird man hinter einer Rauhfaser noch sehen und wer Schraubenköpfe rausstehen lässt, kommt bedauerlicherweise ins Fegefeuer. Also, mit Gefühl reinschrauben (auch nicht zu tief) und drüberspachteln.
Wenn man nun alles gefüllt und der Spachtel etwas abgebunden hat, geht es ans Abstoßen. Alle Flächen werden mit dem Spachtel abgestoßen (also stoßen, nicht streichen), dadurch werden überschüssige Spachtelmasse, kleine Kanten usw. entfernt.
Schrumpfen – Grund zum Nachspachteln
Wenn das Ganze getrocknet ist, wird man hier und da bemerken, dass die Spachtelmasse sich etwas zusammengezogen hat und man nun kleine Täler in den Fugen und Schraubenlöchern hat. Das ist nicht besorgniserregend, sondern gibt uns einen schönen Grund, ein zweites mal zu spachteln. Dafür gibt es übrigens auch eine „Finish“-Fertigmischung, wenn’s ganz glatt werden soll, ich habe aber meist mit dem normalen Pulver (für’s zweite mal evtl. auch einen Hauch dünner angemischt) gute Ergebnisse erzielt. Es wird jetzt also überall scharf nachgespachtelt (Achtung, man braucht viel weniger Spachtelmasse als beim ersten mal – also ggf. auch sparsamer anmischen) und dann abgestoßen.
Wenn das Ganze trocken ist, kann geschliffen werden. Dazu nehme ich ein feines Schleifgitter, das in einen Handgriff geklemmt wird. Es setzt sich nicht so schnell zu wie normales Schleifpapier und das Ding liegt gut in der Hand. Eine Staubschutzmaske verhindert Hustenanfälle und Pneumokoniose.
Hat man die Spachtel-Tipps befolgt, muss man nicht mehr viel Schleifen (es gibt sogar Leute die behaupten, sie müssten gar nicht Schleifen), nur fürs Gefühl bisschen-hier-bisschen-da, damit’s auch schön glatt ist.
Übrigens: die verschiedenen Oberflächen-Güteklassen (superglatt, total glatt, nicht-schlecht-fürn-Anfang, Relief) sind genormt, wer sich da näher einlesen möchte, findet hier eine Übersicht. Wer z.B. eine hauchdünne Vliestapete kleben möchte braucht eine andere Oberlächengüte als unter Fliesen.
Ich merke gerade, dass ich die kleine Spachtelschule teilen muss, sonst wird es einfach zu lang und alle schlafen ein! Wenn Sie bis hierher gekommen sind, werter Leser: Ehrlicher Respekt und Anerkennung. Ich würde dann die Themen „Glasfaserstreifen/Fugendeckstreifen einspachteln“, „Übergang Drempel-Dachschräge“ und „Eckschienen einspachteln“ sowie damit verbunden „Dachfenster spachteln“ aufs nächste mal verschieben.
Am Schluss noch ein kleiner Hinweis auf meine neue Seitenleiste: unter der Rubrik „Tellerrand“ habe ich einige Heimwerkerblogs zusammengestellt, die einen Besuch wert sind und die man sich zum Beispiel mal anschauen kann, wenn es hier gerade mal nichts Neues gibt.
Also, man darf gespannt sein auf der Spachtelschule zweiter Teil (für „Fortgeschrittene“ 😉 ) – bis dahin kann man auch zuhause üben, zum Beispiel mit dem Brotmesser auf dem Frühstücksbrett oder beim Massieren der Gattin.
Hallo.
Super Anleitung – ich wünschte ich hatte sie früher gehabt, das ist schon etwas, was bei mir irgendwann Raum für Raum im OG leider noch mal besser gemacht werden muss (unter der Glasfasertapete…).
VG
Jenn(ifer)
Ja, auch ich muss mich dem anschließen und nicht nur dem Kompliment für den tollen Beitrag, sondern auch, dass ich es jetzt besser kennenlerne und es nochmal korrigieren sollte, genau wie bei meiner Vor-Kommentarschreiberin 🙂
Danke vielmals für die ausführliche Beschreibung
lg Florian
Danke für die Blumen – dann könnt Ihr Euch auf Teil 2 freuen 😉
Super Anleitung!
Ich hab mich da anfangs auch etwas schwer getan,
aber wenn man einmal den dreh raushat und alles sauber ist, läufts 😉
Grüße
Daniel
Die Anleitung ist perfekt! Nicht nur für den Profi, sondern auch für den Änfänger. Freue mich auf alle Fälle auf den 2. Teil 🙂
LG
Marie
super blog! freue mich auf viele gute hinweise, danke
Pingback: Nasszellentrockenbau | Dann wollen wir mal!
Klasse Anleitung. Ich konnte es direkt bei mir in 3 Zimmern anwenden. Ziehe nämlich morgen um und wollte vorher noch die ganzen Löcher verspachteln, um die fette Kaution wieder zu bekommen;)
Da hast du ja mal wirklich eine sehr hilfreiche und gut detaillierte Anleitung zusammen gebastelt:) Dankeschön, hat echt geholfen.